Startup Draft: Der ewige Kampf RB vs WR
Ziel ist das Wissen zu vermitteln einen bewussten Spieler, unter Abwägung aller Argumente, zu picken.
- WR haben eine längere Verweildauer in der NFL.
- WR verletzten sich weniger.
Gehen wir zuerst auf das erste Argument ein. Hierzu gibt es tatsächlich greifbare Zahlen, die wie folgt aussehen:
Der andere genannte Grund ist die niedrigere Verletzungsanfälligkeit der Position WR. Hierauf fußt auch die aufgestellte Zero-RB Strategie von Shawn Siegle aus dem Jahre 2013. Dessen Grundidee war, dass sich RBs öfter verletzen als WR. Indem man in den ersten Runden seines Drafts demnach WR-heavy startet und später dann die (hauptsächlich Ersatz-)RBs mit Upside (im Falle einer Verletzung des Nummer-1 RB) draftet, hat man einen sicheren (“antifragilen”) Ansatz für den Aufbau seines Teams gewählt. Mit jeder Verletzung eines Top-RB wird das eigene Team demnach besser.
Der Vergleich
Im Folgenden werde ich diese Perspektiven beleuchten. Alle genannten Punkte haben einen Einfluss auf die Wahl des Spielers.
- Opportunitätskosten
- WR-Scoring vs RB-Scoring
- BestBall win rates
- Positionsentwicklung
Opportunitätskosten
Frei nach Wikipedia sind das “entgangene Erlöse (allgemeiner: entgangener Nutzen), die dadurch entstehen, dass vorhandene Möglichkeiten (Opportunitäten) nicht wahrgenommen werden.”
Auf unseren Fall bedeutet das: Wenn ich einen bestimmten Spieler zu einem bestimmten Zeitpunkt drafte, entscheide ich mich logischerweise dafür, einen anderen Spieler nicht zu draften. Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass die Nachfrage nach RB sehr hoch, aber das Angebot sehr eingeschränkt ist.
Wenn ich also einen WR in Runde 1 picke, kann ich keinen RB picken. Ich habe die Möglichkeit nicht wahrgenommen, einen RB zu picken und trage die Kosten hierzu. Doch wie sehen diese aus?
WR-Scoring vs RB-Scoring
Welche Position trägt auf welche Weise zum wöchentlichen Score bei?
Losgelöst von Positionsvorgaben schauen wir rein auf den Output der jeweiligen Positionen über einen Zeitraum der letzten zehn Jahre.
Position WR

WR-Scoring 2010-2019
Position RB

RB-Scoring 2010-2019
Oben aufgeführt sind die Durchschnittswerte der WR- und RB-Position der letzten zehn Jahre. Aufgeteilt sind diese in die Gruppe der ersten 12 der jeweiligen Position (WR1 und RB1) und dann dementsprechend die WR2/RB2 sowie WR3/RB3.
Zuerst vergleichen wir die Position miteinander.
Wenn man RB1 und WR1 im Schnitt vergleicht, sieht man, dass diese sich im Durchschnitt ebenbürtig sind. Die WR1-Gruppe produziert minimal mehr als 1:1 das Gleiche, wie die RB1-Gruppe im Durchschnitt. Interessanter wird es wenn wir die RB2 und WR2 miteinander vergleichen. Die WR2-Gruppe produziert 112,4% des RB2-Outputs. Der Punkteverfall ist auf der WR2 Position demnach signifikant schwächer, was die WR2 deutlich wertvoller als RB2 macht. Noch deutlicher wird der Unterschied in der WR3-RB3-Gruppe. Hier produzieren die WR nunmehr 120,17% der Punktzahl der RB3-Gruppe.
Wenn wir uns nochmal ansehen, wie der prozentuale Abfall innerhalb der Positionsgruppe aussieht, haben wir folgendes Bild:
Wenn die WR1/RB1-Gruppe 100% entspricht, dann fällt der Output bei den RBs prozentual schneller als bei den WR.
Fazit hieraus:
Die erste Gruppe der WR und RB produzieren im Schnitt ähnliche Zahlen, nur ist bei den WR der Output im Vergleich zu den RB deutlich besser. Schafft man es nicht, einen RB1 zu haben, schadet man seinem Team mehr als der Aufbau ohne WR1 dem Team schaden würde. Hier kann man mit weniger Verlust an Output bessere Ergebnisse erzielen.
RB1 + WR2 = 18,35 + 14,68 = 33,03 FP/g
RB2 + WR1 = 13,06 + 18,36 = 31,42 FP/g
Würden wir dieses Spiel weiterspielen und noch RB4 und WR4 ins Spiel bringen, würden die Werte noch weitaus deutlicher werden.
BestBall win rates
Wie ist der Einfluss einzelner Spieler auf die wöchentlichen Ergebnisse? Wie hoch ist der prozentuale Einfluss eines Spielers?
Mike Beers geht in seinem Artikel auf den Begriff der “win rate” ein. Er definiert dies so: “Win rate is a ratio defined by the number of times a player was on a first-place roster divided by the total number of times that player was drafted.” Win rate ist also das Verhältnis, in dem ein Spieler im Kader eines Erstplatzierten Teams auftaucht geteilt durch die Anzahl, wie oft dieser Spieler gedraftet wurde. So kann man die Leistung dem Draftkapital entgegensetzen und hat ein Ergebnis in Form einer Prozentzahl. Beispiel: Drafte ich einen Spieler in Runde 1, erwarte ich von ihm ein sehr gutes Abschneiden. Erfüllt er dies, deckt sich Aufwand und Ertrag. Drafte ich allerdings einen Spieler spät und er schlägt ein, dann habe ich ein mit wenig Aufwand viel Ertrag erwirtschaftet und DAS ist der entscheidende Punkt.
Schauen wir uns also mal die win rates nur für die 2019 Saison an:
Es befanden sich jeweils fünf Spieler aus jeweils den Top12 der RB und WR auf Basis von FP/g mit mind. 8 Spielen. Berücksichtigt wurden nur Platzierungen in den Top50. Das Ergebnis ist schockierend!
Michael Thomas, der wirklich eine sehr beeindruckende und außergewöhnliche Saison gespielt hat, war im Ranking aller Spieler auf Platz 38! Das ist kein schlechtes Ergebnis, zeigt aber wie gering sein Einfluss auf wöchentliche Platzierungen war. Die Ergebnisse der RB sprechen für sich. Julian Edelman sticht als bester WR bezüglich Aufwand-Ertrag (für die Saison 2020 glaube ich übrigens, dass dieser WR Golden Tate sein wird, aber psssst, sagt es nicht weiter) hervor.
Positionsentwicklung
Grob können wir festhalten, dass es unter den 32 Teams ca. 15 RB mit klarem RB1-Profil gibt. Die restlichen Teams spielen RB by (2er) comittee (“RBBC”) und manche Teams haben sogar die Last auf drei Schultern verteilt. Aus Fantasy-Perspektive ist das eine Katastrophe, aber auch die NFL-Realität.
32 Teams starten mindestens zwei WR und spielen dazu ca. 50% aller Snaps in 2018 und 2019 in 3/4-WR-Sets. Dies führt pro Woche zu knapp 60-70 WR-Leistungen, die im brauchbaren Rahmen einzustufen sind.
Fazit
- Der Markt für RBs mit klarem RB1-Profil ist sehr beschränkt.
- Der Output fällt auf der RB-Position deutlich schneller ab als auf der WR-Position. Dies liegt an der wöchentlich deutlich höheren Anzahl an WR, die signifikante Spielanteile bekommen.
- Der positive Einfluss von Top-RB auf das Endergebnis ist prozentual höher als der der Top-WR.
- Investiere ich nicht frühzeitig in RB, lasse ich Möglichkeiten (auf mehr Punkte und evtl. den Sieg) liegen.
- Bonus-Statistik: Der Trend ist der, dass der Output der RB1 vs WR1 in den letzten 5 Jahren zugenommen hat. Bei den RB2/WR2 und RB3/WR3 Paarungen geht es aber in die andere Richtung.
Das ist definitiv nicht als Argumentation gegen gute WR, sondern als Beleg für das Draften von guten RB zu verstehen. Nur mit diesen ist es möglich, am Ende einer Saison den Sieger-Pokal in den Händen zu halten.
Dazu noch ein paar aktuelle Hinweise:
Case for RBs early in your draft: The position is a nightmare after ~RB14 and WR is as deep as ever.
Case for Zero RB: You have 1 million (rough estimate) dart-throw options in the middle rounds.
— Mike Clay (@MikeClayNFL) May 7, 2020
Insbesondere in 2020, in der die Anzahl an ordentlichen WR sehr sehr hoch ist:
@MikeClayNFL Zero RB might be the least optimal strategy in 2020. RBs are priced up due to scarcity and there are literally 50-60 playable WR options now
— Graham Barfield (@GrahamBarfield) May 7, 2020
Probiert es aus, schaut euch eure Teams an, wenn ihr RB-RB startet und wenn ihr WR-WR startet. Ihr werdet den Unterschied merken. Selbst als Anhänger von Zero-RB ist es ratsam früh ein Workhorse RB zu landen, um sich dann auf WR/TE zu konzentrieren.
Ich bleibe bei meiner Strategie und gehe RB-heavy und schaue, dass ich in den mittleren Runden mich um WR und TE dann kümmere.
Buffalo Bills seit Mitte 90er und Dynasty Fantasy Football forever. Lieblinge: Derrick Henry und Jerrick McKinnon.